Kinder bei einer Butte mit Trauben
(1834)


Ferdinand Georg Waldmüller (*1793, †1865)

Landessammlungen Niederösterreich

1834 war für die Weinbauern im Wiener Raum ein besonders gutes Jahr. Aufgrund der außerordentlich günstigen Witterung konnte die Weinlese schon Ende September begonnen und noch vor Mitte Oktober abgeschlossen werden. Für gewöhnlich begann die Lese erst um diese Zeit. Vielleicht war das auch für Ferdinand Georg Waldmüller ein Anlass, sich mit dem Motiv der "Weinlese" auseinanderzusetzen. Seit den frühen 1820er Jahren hatte der Künstler bereits mehrere Weintraubenstilleben geschaffen, einige der schönsten folgten noch bis Anfang der vierziger Jahre. Das 1834 entstandene Meisterwerk "Kinder bei einer Butte mit Trauben", als Kombination von Genrebild und Stillleben, vermochte Waldmüller jedoch nicht mehr zu übertreffen.
Die vom Sonnenlicht hell beleuchteten Weintrauben in der großen Lesebutte im Vordergrund, die die gesamte untere Bildhälfte ausfüllen, bilden den Mittelpunkt der Darstellung. Die obere Bildhälfte widmete Waldmüller dem Genremotiv. Die zwei hinter der Butte stehenden Kinder, das Mädchen und der von den köstlichen Früchten naschende Knabe, charakterisierte Waldmüller ungemein lebendig und lebensnah. Die Szene spielt nicht, wie in der Literatur vielfach erwähnt, in einem Presshaus, sondern unmittelbar davor. Im Hintergrund sieht man den Baum einer Spindelpresse aus dem Presshaus herausragen. Zum Schutz vor der Witterung wird er durch ein eigenes kleines Giebeldach beschirmt. Vor der Tür zum Presshaus sind ein junger Mann mit zylindrischem Hut und eine junge Frau mit hoher Haube dargestellt. Durch den gezielten Einsatz von Licht und Schatten nahm Waldmüller die bildmäßige Bedeutung der inhaltlich sehr vielfältigen Genreszene zugunsten des Weintraubenstilllebens radikal zurück.
(Quelle: W. Krug, in: Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum, 2002, S. 74)